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Aus einem Buch über Hifi - aus dem Hifi-Museum

Das ist die Fortführung einer ganzen Reihe von Artikeln aus dem Hifi-Museum über die High Fidelity, die hier angefangen haben. Und hier geht es zurück zu dem vorangegangenen Artikel - hier entlang bitte.

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Dies ist das Kapitel 3.3 - Hifi-Technik von 1982

In den Kapiteln zuvor wurden die Grundprinzipien der akustischen Wahrnehmung, der Schallspeicherung und der Wiedergabe - zum Beispiel mit Schallplatten - erläutert. Am Ende dieses Kapitels verzweigen wir auch wieder zurück ins Hifi-Museum.
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3.3 Tonband

Historisches: Von der Stahldrahtmaschine bis zum Tonbandgerät
Das Tonband - offiziell wegen seiner magnetischen Eigenschaften als Magnetband bezeichnet - hat in Verwirklichung vieler vorangegangener Vorschläge (Janet 1887, Oberlin Smith 1888) als ersten „praktischen" Vorläufer einen magnetisierbaren Stahldraht. Dieser wurde nach der Beschreibung in einem deutschen Patent, das dem Dänen Valdemar Poulsen bereits 1898 erteilt wurde, in einem Apparat verwendet, der den Namen Telegraphon erhielt. Mit ihm konnte man in dem Stahldraht Sprachlaute speichern und zu einem beliebigen Zeitpunkt wiedergeben. Im Deutschen Museum in München kann man noch heute die verschiedenen „Poulsenschen Maschinen" aus jener Zeit sehen.

Die „Spulenmaschine" - im Jahr 1982

Am interessantesten ist die „Spulenmaschine", deren Prinzip nachstehend beschrieben wird, weil es im Grunde auch jetzt noch angewendet wird: Von einer Vorratsspule - ähnlich den heutigen Tonbandspulen - wurde ein 1mm starker Stahldraht mit der relativ hohen Geschwindigkeit von 20m/s auf eine leere Aufwickelspule transportiert (Abb. 3.3-1).

"Am Anfang war der Draht ..."

Auf dem Wege dorthin verlief der Draht zwischen den Polen eines Elektromagneten, der im Stromkreis einer Batterie und eines Kohlemikrofons lag. Wurde das Mikrofon besprochen, so änderte sich im Rhythmus der Schallschwingungen sein Widerstand und damit der ihn durchfließende Ruhestrom. Dieser konnte in einen Gleich- und in einen Wechselstromanteil zerlegt werden, die den vorbeiziehenden Draht abschnittsweise magnetisierten.

Es fand also eine doppelte „Wandlung" statt: Schallschwingungen, d.h. minimale Druckschwankungen der Luft, riefen im Mikrofon entsprechende Stromschwankungen hervor, diese wiederum erzeugten in dem mit „Sprechkopf" bezeichneten Elektromagneten magnetische Felder. Letztere, in ständiger zeitlicher Veränderung wurden beim Durchlauf des Drahtes räumlich nebeneinander in ihm gespeichert.

Für die Wiedergabe galt dann der umgekehrte Weg. Die Magnetfelder im Draht erzeugten nach dem Induktionsprinzip im „Magnetkopf" kleine Tonspannungen, die in einem Telefon entsprechende Schallschwingungen hervorriefen.

Im Jahr 1900 gigantisch, dann ein Flop

Die praktische Einführung dieses Gerätes scheiterte noch an der großen „Draht"-Geschwindigkeit von 2000cm/s und dem hiermit verbundenen starken Drahtverbrauch (man vergleiche dazu die heutigen Bandgeschwindigkeiten von 19cm/s und weniger). Poulsen gelang es immerhin bis zur Weltausstellung im Jahr 1900 durch verbesserte Formgebung der Magnetköpfe und vor allem durch das Prinzip der Gleichstrom-Vormagnetisierung die Geschwindigkeit auf 2m/s herabzusetzen. Dafür bekam er auch den Grand Prix.

Im Jahre 1908 - dies sei noch kurz erwähnt - wurden beim Internationalen Technikertreffen in Kopenhagen sämtliche Reden auf Draht aufgenommen. Für die gesamte Sprechzeit von ca. 14 Stunden benötigte man ca. 2.500km Draht!

Der Stahldraht behauptete (???) sich noch ca. 30 Jahre; in dieser Zeitspanne schrumpfte sein Durchmesser von 1mm auf 0,2mm Stärke. Wesentliche Fortschritte in der Magnettonentwicklung brachten die Verstärkertechnik und die Verkleinerung der Verzerrungen. Es entstanden Stahltonmaschinen, z.B. für Reportagen.

Der Frequenzumfang war allerdings auf ca. 4000 Hz beschränkt, die Spulen waren noch zu gewichtig und wenn der Draht riß, konnte man ihn nur schweißen.

Dann um 1935 das "Magnetbandgerät"

Lang und dornenreich ist der Weg vom damaligen magnetisierbaren Draht bis zum heutigen Magnet-(Ton-)band. Er ist in mehreren Fachbüchern (siehe Literaturverzeichnis) und in Fachaufsätzen behandelt worden. Eine der eindrucksvollsten Beschreibungen - gewissermaßen aus erster Hand - ist „Die Geschichte des Magnettons. Von den ersten Schallaufzeichnungen bis zum Tonbandgerät" von Eduard Schüller im Telefunken-Archivdienst tfr 97 vom 2. August 1973.

Ein Name : Fritz Pfleumer aus Dresden

Der Umbruch dieser Entwicklung kam durch einen ideenreichen Außenseiter, Fritz Pfleumer aus Dresden. Er fertigte als Mann der Buntpapierbranche ein Papier mit Bronzepulver für die Goldmundstücke von Zigaretten an. Nun wollte er es mit Eisenpulver versuchen. Offensichtlich hatte er auch Kenntnisse über die magnetische Schallaufzeichnung. So experimentierte er in aller Stille mit seinen Papieren, Pulvern, Magneten und Verstärkern, bis das erste Papiertonband patentreif wurde und 1928 zum Patent führte.
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Bei der AEG machte es "klick"

Die AEG erfuhr davon und sah hierin einen neuen Weg für die magnetische Schallaufzeichnung. Sie schloß einen Vertrag mit Pfleumer und bat die BASF, einen entsprechenden Kunststoffilm als Träger magnetisierbarer Eisenpartikel zu entwickeln. Abb. 3.3-2 zeigt den Schnitt durch solch ein Tonband. Für die Trägerfolie verwendete man zunächst Acetylzellulose. Die „aktive" Schicht bestand aus Eisenpulver; 1935 ersetzte man es durch schwarzes Eisenoxid. Die Bänder, zugeschnitten auf 1.000m Länge und 6,5mm Breite, wurden auf Metallkerne gewickelt, und es ergab sich bei einer Bandgeschwindigkeit von 1m/s eine Spielzeit von fast 17 Minuten.
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Woraus das Magnetband besteht

Die (normalerweise durchsichtige) Trägerfolie wird heute in der Regel mit Wärme unter hohem Druck aus Polyester gewälzt. Die aktive (Magnet-) Schicht - auch Dispersion genannt - setzt sich zu etwa 1/3 aus magnetisierbaren Materialien und zu 2/3 aus Bindelack zusammen, der alle Magnetteilchen umschließt, einbettet und auf der Trägerfolie festhält. Die aktiven Magnetsubstanzen sind Eisenoxid (Fe203) oder Chromdioxid (Cr02), die auf chemischem Wege hergestellt werden und deren Feinheit man erst durch eine elektronenmikroskopische Betrachtung beurteilen kann.

Je feiner und strukturierter die Magnetteilchen sind - so bei Cr02, Abb. 3.3-3 - um so niedriger wird das (bei Wiedergabe) hörbare Eigengeräusch des Bandes.

Ein oder zwei Schichten ?

Es gibt auch Tonbänder mit zwei aktiven Schichten (Fe-Cr), die die jeweiligen Vorzüge beider Magnetsubstanzen vereinen. In jüngster Zeit dringt das sogenannte Metallband auf den Markt. Von ihm soll später die Rede sein. Mit der stetigen Verbesserung der Tonbänder (Software) ging die der zuständigen Geräte einher (Hardware), ähnlich der wechselseitigen Entwicklung von Schallplatte und Plattenspieler.

Ganz wichtig : der Magnetkopf

So schuf Eduard Schüller (bei der AEG) den „Ringmagnetkopf", der das Tonband - wie alle vorangegangenen Konstruktionen - nicht mehr umschloß, sondern an einer Stelle einen schmalen Spalt hatte, in dem das magnetische Feld konzentriert wurde und an dem jetzt das Band mit seiner aktiven Seite vorbeizog {Abb. 3.3-4).

Zuerst war der Spalt noch 1/10mm breit. Später lernte man, Spalten von wenigen tausendstel Millimeter herzustellen {Abb. 3.3-5), wodurch die Bandgeschwindigkeit auf ungeahnte Werte herabgesetzt werden konnte. Das erste serienmäßig gefertigte Tonbandgerät heutiger Art, Magnetofon K1 genannt, stellte die AEG einer staunenden Öffentlichkeit auf der Funkausstellung 1935 vor (Abb. 3.3-6).
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Es war anfänglich keine Studio-Qualität

Seine Abnehmer waren zunächst die Rundfunkanstalten. Sie erkannten bald die Vorzüge dieses neuen Aufzeichnungs- und Wiedergabeverfahrens, insbesondere die längeren Speicherzeiten gegenüber den Wachsschnitten auf Platten. Allerdings befriedigte noch nicht ganz die Tonqualität. Sie entsprach mit dem Tonfrequenzumfang von 50 Hz ... 5.000 Hz zwar dem damaligen Mittelwellensenderstandard, aber sie war kaum besser als die Qualität der damaligen (78er Schellack-) Schallplatte.
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Angeblich kam der Zufall zu Hilfe

Im Zuge der Weiterentwicklung erwies sich als großer Fortschritt die im Jahre 1941 von Dr. von Braunmühl und Dipl.-Ing. Weber eingeführte Hochfrequenz- vormagnetisierung (siehe Seite 55). Mit ihr - Studiogeräte mit hohen Bandgeschwindigkeiten (76 cm/s oder 38 cm/s) und entsprechendes Bandmaterial vorausgesetzt - beherrschte das Magnettonverfahren bei ausgewogener Dynamik praktisch den gesamten Frequenzbereich und den vollen Tonumfang von Sprache und Musik, so daß dieses Verfahren in vieler Hinsicht alle anderen Schallaufzeichnungsmethoden übertraf.

Nach 1948 begann die Entwicklung kleiner Tonbandgeräte, die für den Gebrauch im Heim bald einen breiten Interessentenkreis fanden. Das Magnetofonband wurde nun den besonderen Anforderungen der Tonbandfreunde angepaßt.

Das Band lief immer noch mit 76cm pro Sekunde

Dabei ging es neben qualitativen Verbesserungen vor allem um eine Verringerung der Bandgeschwindigkeit. Sie betrug ja 76cm/s. Das ergab zwar hochwertige Aufnahmen und den Vorzug des leichten Cutterns (Schneiden und Zusammenkleben des Tonbands für perfekte Musik- und Hörspielprogramme), verschlang jedoch wegen des hohen Bandverbrauchs beträchtliche Kosten. Um diese zu senken, bzw. die Spielzeit zu verlängern, wurde die Bandgeschwindigkeit auf 38cm/s herabgesetzt. Sie gilt auch heute noch in Studio betrieben.

1952 - es geht los - das AEG-Magnetofon KL 15

Im Jahre 1952 erschien das erste deutsche Heimgerät, das AEG-Magnetofon KL 15; es arbeitete nur noch mit einer Geschwindigkeit von 19cm/s. Bald darauf senkte man sie auf 9,5cm/s. 1954 kam man durch nochmalige Halbierung auf 4,75cm/s und 1975 - aber nur für Diktiergeräte - auf 2,38cm/s. Es sei vorweggenommen, daß diese Geschwindigkeit bei Verwendung der heutigen Reineisen-Bänder in hochentwickelten Kassettendecks unter Anwendung des Dolby- oder HighCom-Rauschunterdrückungs- systems bereits für HiFi-Ansprüche ausreicht. Hier scheinen aber wirklich die Grenzen zwischen Wirtschaftlichkeit und Tonqualität erreicht zu sein. Normalerweise (und normgemäß) arbeiten die Kassettengeräte mit 4,75 cm/s.

Mehr Spuren sind möglich

Ein weiterer großer Fortschritt gelang damals durch eine bessere Ausnutzung der Tonbandbreite. Sie war 1947 bei Ampex in den USA international auf 1/4 Zoll = 1/4 inch = 6,35 mm festgelegt worden, bei Kassettenbändern auf 3,81mm.

In beiden Fällen wurde zunächst die volle Breite des Tonbandes beansprucht (Einspur-(Vollspur-)Geräte). Im Laufe der Zeit entstanden aus Wirtschaftlichkeitsgründen (geringerer Bandverbrauch, längere Spielzeit) Zwei-und sogar Vierspurgeräte, auch Halb- und Viertelspurgeräte genannt, obwohl gar nicht genau die Hälfte oder ein Viertel des jeweiligen Bandes beansprucht wird. Es müssen nämlich aus Toleranzgründen wegen der Bandführungen und der Höheneinstellung des Tonkopfes zwischen den (aktiven) Spuren Leerstreifen (sogenannter Rasen) vorgesehen werden. Außerdem muß vorgebeugt werden, daß sich die „modulierten" Spuren nicht gegenseitig beeinflussen.

Die Lage und Abmessungen der Spuren geben die Abb. 3.3-7 und 3.3-8 wieder. Die Verwendung von Polyesterfolie erlaubte es, dünnere Bänder herzustellen: Langspielband, Doppelspielband, ja, sogar Tripelband, das jedoch für HiFi-Zwecke nicht brauchbar ist.

Prinzip der Tonaufnahme und -wiedergabe bei Tonbandgeräten

Zum Speichern (Konservieren) von Toninformationen auf dem Tonband sind - wie bereits angedeutet - verschiedene Umformungen dieser Informationen erforderlich. Am Anfang steht das Mikrofon. Es wandelt mechanische Schallschwingungen in elektrische Spannungsschwankungen um. Diese werden - wie schon die Prinzipdarstellung Abb. 3.3-4 zeigte - verstärkt dem Magnetkopf des Tonband-Spulenoder Kassettengerätes zugeleitet.

Der Aufnahme- oder Sprechkopf

Der Magnetkopf - auch Tonkopf und im vorliegenden Fall einer Aufnahme entsprechend Aufnahme- oder Sprechkopf genannt - besteht aus einem hufeisen- oder ringförmig gebogenen Kern besonderen Werkstoffs (z.B. Ferrit oder einer hochwertigen Legierung wie Permalloy). Diesen Kern umgibt eine Drahtspule. Der durch sie fließende Mikrofonstrom erzeugt im Luftspalt des Magnetkopfes ein magnetisches Wechselfeld, dessen Stärke stets dem durchfließenden Strom und damit proportional der Mikrofonspannung bzw. dem Schalldruck vor dem Mikrofon entspricht. Ein Streuanteil dieses Magnetfeldes durchdringt die aktive Schicht des vorbeilaufenden Tonbands und beeinflußt mehr oder minder stark die in dieser Schicht enthaltenen Elementarmagnetteilchen.

Die Magnetisierung

Nach der Magnetisierung behalten die Oxidteilchen einen Restmagnetismus (Remanenz) und nehmen, wenn dem Tonkopf eine sinusförmige Signalspannung zugeführt worden ist, eine Lage ein, wie in Abb. 3.3-9 schematisch dargestellt. Das „magnetische Muster" einer Orchesteraufnahme sieht natürlich komplizierter aus. Für fachlich Vorgebildete sei hier noch die Magnetisierungskurve (Hysteresisschleife) angeführt. Sie ist nach Abb. 3.3-10 die charakteristische doppel S-förmige Kurve, die die Magnetisierung eines magnetisierbaren Stoffes (magnetische Flußdichte bzw. magnetische Induktion B, ausgedrückt in Tesla = T) in Abhängigkeit eines wechselnden Magnetfeldes (magnetische Feldstärke H, ausgedrückt in A/m) erkennen läßt. T und A/m (Amp./Meter) sind von den (neuen) SI-Basiseinheiten abgeleitet.

Die Wiedergabe

Zur Wiedergabe der gespeicherten Informationen auf dem Tonband müssen nun die magnetischen Zustandsgrößen wieder in Tonspannungen und diese in Schallschwingungen gewandelt werden. Dazu ist natürlich erst ein Rückspulen des Tonbands erforderlich. Bei erneutem Vorlauf wird dann der Tonkopf, an dem jetzt statt des Aufnahme- ein Wiedergabeverstärker angeschlossen ist, von den Kraftlinien des vorbeilaufenden „bespielten" Bandes erfaßt, die ihrerseits in der Tonkopfspule eine Spannung induzieren. Genauer gesagt treten die Kraftlinien der Magnetschicht an der einen Seite des Luftspalts in den magnetisch gut leitenden Kern des Tonkopfs ein, durchlaufen ihn und setzen an der anderen Seite des Luftspalts ihren ursprünglichen Weg in der Bandschicht fort {Abb. 3.3-11). Nach Verstärkung der in der Spule induzierten Tonspannung ist nun die ursprüngliche Mikrofonaufnahme im Kopfhörer oder Lautsprecher wieder hörbar.

Ein Hinweis, wie das Prinzip funktioniert

Nachdem im Prinzip geklärt ist, wie die Toninformationen nach verschiedenen Umwandlungen auf das Tonband kommen und von dort wieder nach verschiedenen Umformungen hörbar gemacht werden, sei im folgenden noch auf verschiedene Kunstgriffe eingegangen, die erst das Prinzip realisierbar machen.

Die Entzerrung

Da steht im Vordergrund die Entzerrung, die einen Mangel des Tonbandverfahrens ausgleichen soll. Bei konstant gehaltenem Aufsprechstrom wird nämlich die Bandmagnetisierung mit steigender Tonhöhe (Frequenz) immer schwächer. Die Höhen müssen also im Aufsprech- und Wiedergabeverstärker mehr verstärkt werden als die Tiefen. Dies geschieht durch Kombinationen von sogenanten RC-Gliedern, d.h. Schaltanordnungen mit Widerständen (R) und Kondensatoren (C) bestimmter elektrischer Größe. Das Produkt R x C ergibt die sogenannte Zeitkonstante, ausgedrückt in us (=/1.000.000 s). Die genaue Größe als Maßstab für die Entzerrung ist nach DIN-Normen festgelegt.

Vormagnetisierung

Eine weitere, sehr wichtige Maßnahme für gute Aufnahmen ist die sogenannte Vormagnetisierung (engl.: Bias) des Aufnahme- (Sprech-)kopfs. Die Magnetisierung allein durch den Aufsprechstrom würde nämlich infolge der nichtlinearen Magnetisierungs- (Remanenz-)kurve (vgl. Abb. 3.3-10) zu Verzerrungen führen (rauhe Töne, zu geringe Dynamik). Deshalb werden die Tonsignale der angeschalteten Programmquellen auf nicht mehr hörbare, hochfrequente Schwingungen (35 bis 120 kHz) aufgepackt und durch diesen Kunstgriff auf einen anderen, günstigeren Arbeitspunkt der Magnetisierungskurve verlagert.

Die Hochfrequenzschwingungen erzeugt ein in jedem Tonbandgerät vorhandener Generator, der auch die Energie liefert, mit der man eine Aufzeichnung löschen kann.

Die Löschung der Aufnahme

Will man ein Tonband neu besprechen, so muß man zuvor die alte Aufzeichnung löschen. Dieser Vorgang erfolgt durch einen Löschkopf. Er sitzt vor dem getrennten oder bei Kassettenrecordern meist kombinierten Hör/Sprechkopf (HSK) und wird mit dem gleichen Hochfrequenz-Strom - wenn auch in größerer Stärke - erregt, der die Vormagnetisierung besorgt (Abb. 3.3-12). Löschen und Neuaufnahme folgen also unmittelbar nacheinander. Der Löschkopf (LK) ist ähnlich aufgebaut wie der HSK, er weist nur eine höhere Windungszahl und einen breiteren Luftspalt auf.

Nach diesen grundlegenden Ausführungen, die aus historischer Sicht hauptsächlich die Spulentonbandgeräte betreffen (Fortsetzung Abschnitt 4.3), soll auch kurz auf die Entwicklung der Kassettenrecorder eingegangen werden. Wo liegt der Ursprung?
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Über die Kassetten und Kassettenrecorder

Der Gedanke, Tonbandgeräte auf den Markt zu bringen, bei denen das als Informationsträger dienende Tonband nicht erst jedesmal umständlich von einer Abwickel- auf eine räumlich davon getrennte Auf wickelspule „eingefädelt" werden muß, sondern wo dieser Vorgang durch eine schnell einlegbare Kassette mit wechselseitig wirksamer Ab- und Auf wickelspule entfällt, ist schon in den vierziger Jahren erwogen und zum Teil praktiziert worden. So
baute die AEG für die Post 1943 ein Kassettengerät zum stationären Einbau in Verstärkergestelle, wobei die Kassette mit den beiden Spulen eine Breite von 45 cm einnahm. Zur Serienanfertigung kam es im Kriege nicht mehr.

1948 - Loewe Opta Magnettongeräte

1948 begann Loewe Opta Magnettongeräte herzustellen und ein Kassettengerät zu entwickeln. Es kam 1950 unter der Bezeichnung Optaphon auf den Markt (Abb. 3.3-13 und 3.3-14) und arbeitete wie das von der AEG mit Zweilochkassetten, bei denen die Spulen nebeneinander angeordnet waren und die Bandenden mit den Wickeldornen fest verbunden blieben. Mit Spulen von 18cm und einer Bandgeschwindigkeit von 19cm/s war das Optaphon nun allerdings nicht viel kleiner als das Gerät der AEG, jedoch bereits als Heim-Tonbandgerät konzipiert.

Bemerkenswert im Hinblick auf den Komfort einiger Spitzengeräte von heute (Auto-Reverse-Betrieb) steuerte schon damals das Optaphon nach Abspielen der ersten Spur die Laufrichtung des Bandes um, wodurch sich nach Ablauf der zweiten Spur eine Spieldauer von 2 x 30 min und bei Wiederholbetrieb sogar eine unbegrenzte Spieldauer ergab. Leider wurde die Entwicklung dieses Typs nicht fortgesetzt; es kamen - soweit bekannt - nur 100 Stück auf den Markt.

Es dauerte bis 1963 - die Zeit war reif

Die Vielzahl der weiteren noch vorgeschlagenen, teils bis zur Serienreife entwickelten, dann jedoch aus technischen oder marktpolitischen Gründen verworfenen Kassettensysteme zeigten immer nur wieder, daß ein Bedarf vorhanden war und es lediglich darauf ankam, ein allseitig optimales System zu finden.

Das erste Kassettengerät, das in diesem Sinne wegbereitend sein konnte, kam von Philips und wurde unter der Typenbezeichnung EL 3300 auf der Großen Deutschen Funkausstellung 1963 in Berlin vorgestellt. Seine Form war dank einer völlig neuen Kassettentechnik handlich und die Bedienung überaus einfach. Abb. 3.3-15 zeigt sowohl das Gerät als auch einige Kassetten dafür, die vordere aus der Schutzhülle herausgenommen. Diese Zweilochkassette enthielt in ihrem Innern ein auf einen Wickelkern aufgespultes Tonband von nur 3,81 mm Breite, das mit einer Geschwindigkeit von 4,75 cm/s auf einen zweiten Wickelkern transportiert wurde. Das Mikrofon neben dem Gerät deutet darauf hin, daß man diese Kassette bespielen konnte. Der Typ EL 3300 wurde ja auch als Taschen-Recorder (von to record = aufnehmen, aufzeichnen) deklariert. Die Aufschriften auf den hinteren Kassetten lassen erkennen, daß es sich hier bereits um kommerziell bespielte Tonträger handelt, die allerdings erst seit 1965 im freien Handel erhältlich sind.

Philips setzte den Weltmaßstab - mit etwas Glück

Philips setzte maßgebend die eben beschriebene Kassette gegen andere ähnliche, zu gleicher Zeit aufkommende Bauformen durch und führte sie unter der warenrechtlich geschützten Bezeichnung Compact-Cassette (CC) mit kluger Marktstrategie und Lizenzpolitik weltweit in festgesetzter Norm ein.

Die ersten nach 1963 herausgebrachten Kassettengeräte - Philips nannte den Typ EL 3300 „Sprechendes Notizbuch" - hatten zwar nur die Wiedergabequalität eines Diktiergerätes, doch zeigte sich, daß die Speicherdichte und damit die Spieldauer der Kassette wesentlich größer war als die einer Schallplatte und die Wiedergabequalität auch bei wiederholtem Abspielen erhalten blieb; das Band nutzt sich also nicht ab.

Es dauerte nur wenige Jahre . . .

Durch diese Eigenschaften wurde die Compact-Cassette in kurzer Zeit populär, zumal sie in ein entsprechendes Kassettengerät leichter einzulegen und schneller spielbereit war als eine Platte auf einem Plattenspieler. Überdies konnte man ja die Kassette wie ein Tonband im Spulentonbandgerät selbst bespielen. Schließlich waren die dafür geschaffenen Recorder wegen der kleinen Abmessungen und großen mechanischen Stabilität bequemer zu transportieren; sogar im Gehen konnte man diese „Portables" benutzen.

In der Zeitspanne von 1965 bis 1967 schlossen sich immer mehr Firmen dem Compact-Cassetten-System an und brachten einige Kassettengeräte auf den Markt. Zunächst beschränkte man sich auf einfache, tragbare Mono-Zweispur- Recorder, die vorwiegend für die Aufnahme und Wiedergabe von Tanz- und Unterhaltungsmusik gedacht waren.

Die Ansprüche stiegen ud die Technik zog nach.

Allmählich stiegen die Ansprüche. Ein entscheidender Fortschritt wurde 1967 erreicht, als es gelang, auf dem schmalen Kassettenband von ja nur 3,81 mm Breite vier Spuren unterzubringen (siehe Abschnitt 4.4). Nun konnten auch Stereo-Darbietungen aufgenommen und wiedergegeben werden. 1968 kam der Radiorecorder, die logische Kombination eines Kofferempfängers und eines Kassettenrecorders, zunächst in Mono-, seit 1980 auch in Stereo-Ausführung mit eingebauten oder anzublockenden Lautsprechern.

Inzwischen wuchs das Angebot an Musi(k)-Cassetten. Für die unbespielte Kassette - kurz Leerkassette genannt - vermehrten sich die Anwendungsmöglichkeiten, z.B. für Familienarchivaufnahmen, Vortragsprotokolle, Vertonung von Schmalfilmen und Dia-Serien sowie für die bequeme Aufnahme von Rundfunkprogrammen. Um die Wiedergabe zu verbessern, wurden laufend nicht nur die Geräte, sondern auch das Bandmaterial weiterentwickelt.

Das „Low-Noise"-Band

Der erste Schritt kündigte sich 1968 mit der Einführung des „Low-Noise"-Bandes an (s. Seite 104). Es handelt sich hier um ein rauscharmes Eisenoxidband, das den Frequenzgang und die Dynamik, d.h. den Bereich von gerade noch hörbarem Grundrauschen bis zur lautesten, unverzerrt wiedergegebenen Musikstelle, beträchtlich erweiterte.

Das Chromdioxid-Band

Mit dem Chromdioxidband wurde Anfang der 70er Jahre das nächste Entwicklungsziel erreicht. Es bot HiFi-Qualität nach DIN 45.500. Reichte der Frequenzumfang des ersten „Taschenrecorders" nur von 120 Hz bis 6.000 Hz, so ergaben sich mit dem aus ihm weiterentwickelten Nachfolgemodell bereits Frequenzgrenzen von 80 Hz und 10.000 Hz. Die ersten HiFi-Kassettenrecorder hatten nach DIN 45.500 einen Gesamtfrequenzgang von 40 Hz bis höchstens 12.500 Hz, wenn mit Chromdioxidband gearbeitet wurde. Heute kommt man mit dem gleichen Bandmaterial auf etwa 30 Hz bis 16.000 Hz und bei Spitzengeräten bis 18.000 Hz und auch darüber (siehe Abschnitt 4.4). Dies alles bei einer Bandgeschwindigkeit von nur 4,75 cm/s.

Und jetzt noch die Rauschunterdrückungssysteme

Die Dynamik, identisch mit dem Ruhegeräuschspannungsabstand, ist auf mehr als 56dB angestiegen. Vorgenannter Wert läßt sich mit einem Rauschunterdrückungssystem wie High Com, dem Dolby-Verfahren, der Philips-DNL-Schaltung (Dynamik Noise Limiter) oder auch nach anderen Methoden (siehe Abschnitt 4.4) noch weiter verbessern. Das Angebot der Kassettengeräte umfaßt inzwischen eine kaum noch überschaubare Anzahl von Typen, siehe Abschnitt 4.4.

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