Die Informationen sind kontrovers, denn da stimmt nicht alles.
In Heft 06 im Jahr 1977 von KlangBild präsentiert der UHER Chefentwickler Rudolf Müller im Interview sich und sein Fachwissen mit einem Bild von sich und seinem "Kind", dem UHER SG-630 Magnetbandgerät, dem letzten großen UHER Spulen-Bandgerät, dem vermeintlich absoluten Super- Spitzengerät von UHER.
Alles, das er dort antwortet, ist fachmännisch und absolut korrekt und findet meine volle Zustimmung. Doch warum hat er sich bei der Entwicklung der SG630 nicht daran gehalten ???
Sehr ähnlich zu den fantastischen Philips Fachbüchern (aus der "Philips Technische Bibliothek") ist es hier. Die Ingenieure bei Philips haben ein didaktisch hervorragendes und fachlich ebenso exzellentes Tonband- Lehr-Buch geschrieben bekommen, wie das mit dem Magnetbandgerät funktioniert. Nur - bis auf die wirklich allerletzten Philips (open reel) Bandgeräte haben sie nichts davon verwirklichen können (oder dürfen) - (jedenfalls im Consumerbereich), warum auch immer.
Da sich inzwischen 5 von den SG630/631 (in 2017 - in 2019 waren es bereits 7 Geräte) bei uns im Labor befinden, ist mein Urteil nach wie vor - der Antrieb ist leider eine Fehlkonstruktion. Die zum "schlupffreien" Transport des Bandes notwendige Reibung des Magnetbandes - durch die 3/4 Umschlingung der Capstan- Welle - ist absolut "grenzwertig" - also viel zu schwach und ohne jegliche Reserven.
Die Capstan-Welle nimmt "das" Band (also die meisten sogar rückseitenbeschichteten Bänder) nur zögerlich mit. Das hätte dem Ingenieur nicht passieren dürfen bzw. ihm nicht entgehen dürfen. Wenn es das geniale Konzept gewesen wäre, hätten es die Japaner bei einem der letzen analogen 8-Spur-Boliden - dem TSACAM ATR-60-8 im Jahr 1986 - garantiert so gemacht.
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"Hifi on the Rocks" - KlangBild 1977 - Juni Ausgabe
MAGNETBANDTECHNIK-FRAGEN AN DEN FACHMANN
Der (CC-) Cassetten-Recorder dürfte heute von der Qualität des zu erzielenden Klangbilds her die Grenze des technisch Realisierbaren erreicht haben. Seine immer noch zunehmende Beliebtheit läßt insofern auch auf die Qualitätsansprüche der breiteren Konsumentenschicht schließen. Ob die Elcaset-Geräte, die mit publizistischem Frühstart annonciert wurden, jemals eine ernsthafte Konkurrenz für den Cassetten-Recorder werden, darf man füglich bezweifeln.
Erstens sind sie meist gar nicht lieferbar, zum zweiten sind der Anschaffungspreis und die Größe des Geräts vergleichsweise enorm, und drittens dürfte der Verbrauch an Bandmaterial so groß sein, daß sich für den Benutzer kaum wirtschaftliche Vorteile ergeben. Daß der Absatz von Spulentonbandgeräten seit einiger Zeit stagniert, ist ein offenes Geheimnis. Darum vorweg ein paar - vielleicht ketzerische und an die Adresse von wirklich qualitätsbewußten HiFi-Liebhabern gerichtete - Bemerkungen vorweg.
Trotz der ständig verbesserten Qualität und der gewiß problemlosen Bedienbarkeit von Cassetten und Recordern haben diese oft nicht einmal so kleinen Kisten das Tonbandgerät genausowenig überflüssig gemacht wie seinerzeit der Film das Theater.
Die Vorteile der Spulentonbandgeräte
Einige Vorteile des Spulentonbandgeräts kann man einfach nicht wegleugnen, nämlich:
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- die längere Spieldauer und damit die ununterbrochene Aufnahme auch längerer Stücke;
- den höheren Rauschabstand, d. h. die größere Dynamik;
- die bessere Höhenaussteuerbarkeit (Höhendynamik);
- die Möglichkeiten der Bandmontage;
- die geringeren Gleichlaufschwankungen;
- geringere Abweichungen von der Sollgeschwindigkeit und damit verbunden
- die bessere Abspielmöglichkeit von Fremdaufnahmen;
- in der Regel ein transparenteres Klangbild wegen der geringeren „Flutter"-Er-scheinungen;
- die bessere Azimutjustage wegen der größer dimensionierten Bauteile des Spulengeräts;
- die geringeren Fertigungstoleranzen von Exemplar zu Exemplar, die ebenfalls mit der Größe der verwendeten Bauteile zu tun haben.
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Objektiv oder subjektiv, die Klangunterschiede
Der letzte Punkt hat so manchem Liebhaber von Cassetten-Recordern Anlaß zu Ärger gegeben, sobald er merkte, daß nicht nur zwischen verschiedenen Recordern, sondern auch zwischen Modellen derselben Bauserie letztendlich bei der Wiedergabe über gute Verstärker und Lautsprecher ziemliche Klangunterschiede hörbar sein können.
Die Behauptung von HiFiisten: „Dieser Cassetten-Recorder ,klingt'
aber ganz anders als jener!" ist kein willkürlich aus der Luft gegriffenes Argument oder eine Spinnerei, sie beruht auf tatsächlichen Hörerfahrungen und Vergleichen.
Die Qualitäten von (open reel) Bandgeräten
Die untere Preisgrenze für Tonbandgeräte gehobener Qualität liegt bei rund 600 Mark. Billigere Geräte arbeiten zunächst vielleicht einwandfrei, haben aber keine so hohe Lebensdauer. Außerdem empfehlen sich, wenn man weniger ausgeben will, eher Cassetten-Recorder vergleichbarer Qualität.
Die Fertigungstoleranzen sind bei Markengeräten bekannter Hersteller, wie gesagt, nicht mehr sehr groß, da diese namhaften Firmen strenge Endkontrollen durchführen. Was nicht zuletzt ein positives Ergebnis des Konkurrenzdrucks durch den Cassetten-Recorder ist.
Für Bandaufzeichnungsgeräte gibt es zwei DIN-Normen von allgemeinem Interesse, einmal die DIN 45 511, die definiert, was ein Bandgerät ist und wie seine technischen Daten ermittelt werden müssen, und zweitens die DIN 45 500 Blatt 4, die Mindestwerte für die HiFi-Qualität des Geräts festgelegt hat.
Die DIN 45 511 und die DIN 45 500
Blatt 1 von DIN 45 511 enthält z. B. die Studionorm für professionelle Bandmaschinen, die um einiges schärfer gefaßt ist als die Anforderungen an Heimgeräte. Für reine Abspielgeräte wurde bisher keine Norm entwickelt, also auch nicht für Auto-Cassetten-Recorder, sodaß hier die Hersteller nicht mit der Qualität der im Auto eingebauten Geräte argumentieren können. Leider! Denn es ist höchste Zeit, daß für solch weitverbreitete Konsumgeräte auch ein Vergleichsmaßstab gefunden wird, der dem Käufer bündige Vergleichsmöglichkeiten gestattet.
Vereinheitlicht werden müssen auch unbedingt die Meßvorschriften, nach denen Prospektdaten der Hersteller angegeben werden. Hier herrscht noch ein regelrechter Wirrwarr in den Prospekten. Ein typisches Beispiel ist etwa die Angabe für Frequenzlinearität von - sagen wir einmal - 20 Hz bis 25 kHz ±4dB. Diese Angabe ist nach DIN 45 500 überhaupt nicht zulässig.
Denn in diesem Fall müßte der Hersteller zumindest noch zusätzlich die Abweichungen vom Gesamtfrequenzgang im Bereich von 250 Hz bis 6300 Hz angeben, die nach DIN nicht mehr als 5dB betragen dürfen. Abweichungen in diesem für den Höreindruck wesentlichsten Bereich machen sich in einem jeweils anderen Klangbild des betreffenden Bandgeräts bemerkbar.
Über Probleme, die der„Tonbandler" beachten sollte, befragten wir in einem längeren Interview als Fachmann Rudolf Müller, der Entwicklungsingenieur bei den Münchner Uher-Werken und Mitglied im Fach-Normenausschuß Magnetton-Technik der Deutschen Elektrotechnischen Kommission ist.
Hier beginnt das Interview mit UHER Chefentwickler Rudolf Müller - Frühjahr 1977
Die folgenden Auszüge aus diesem Gespräch beleuchten sowohl technische wie praktische Aspekte der Bandaufnahme.
Schöler: Gesamtfrequenzgang ??
Herr Müller, die Hersteller von Tonbandgeräten geben in ihren Prospekten neuerdings einen Gesamtfrequenzgang von 20Hz bis über 30kHz und manchmal sogar bis zu 40kHz an. Ist die Ausdehnung des Frequenzbereichs über 20kHz sinnvoll? Meines Wissens beschneiden die Tontechniker in Aufnahmestudios den Frequenzgang bei 18 kHz, nachdem die Schallplatte sowieso kaum Frequenzen darüber hinaus enthalten muß und der darüber hinausgehende Frequenzgang für das menschliche Ohr keinerlei Bedeutung hat.
Müller:
Die Ausdehnung des Frequenzgangs zu hohen Frequenzen hin bedeutet, daß bei der Aufzeichnung das Tonfrequenzgemisch stärker angehoben werden muß. Nachdem bei der Tonbandaufzeichnung und der Aussteuerung mit Spitzenspannungsmessern diese Höhenanhebung mitangezeigt wird, lassen die Signale im Hochtonbereich die Zeiger entsprechend der Aufnahmeanhebung verstärkt ausschlagen.
Das Band wird zwar nicht übersteuert, aber die Mittellagen zwischen 200Hz und 5kHz werden zu schwach aufgenommen. Bei der Wiedergabe rauscht dann eine solche Aufzeichnung etwas stärker, als wenn man sich auf eine Übertragungsbandbreite bis 18kHz beschränkt hätte. Die Ausdehnung des Frequenzgangs bis 30kHz und mehr ist also nicht nur nicht sinnvoll, sondern in der Praxis auch äußerst problematisch.
Schöler: Frequenzabweichungen ??
Wie groß sind die Frequenzabweichungen heute bei guten Geräten?
Müller:
Die Welligkeit wird kaum mehr als ±1,5dB betragen. Das hängt allerdings sehr vom verwendeten Band ab, denn die Geräte werden auf ein bestimmtes Band eingemessen (in Europa das sogenannte DIN-Bezugsband), mit dem auch die vom Gerätehersteller angegebenen Werte erreicht werden. Bei Verwendung irgendwelcher anderer Bänder, vor allem irgendwelcher „Exoten", kann für diesen Frequenzgang nicht mehr garantiert werden.
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Schöler: Tonhöhenschwankungen ??
Niederfrequente Tonhöhenschwankungen spielen bei guten Bandgeräten kaum noch eine Rolle, aber höherfrequente Oszillationen, sogenanntes „Flutter", verdecken das Klangbild, und da unterscheiden sich selbst hochwertige Bandmaschinen wegen der Antriebskonstruktionen manchmal nicht unbeträchtlich, oder?
Müller:
Das ist richtig. Die niederfrequenten Schwankungen, allgemein als „wow" bezeichnet, werden von langsam unrund laufenden Teilendes Bandantriebsmechanismus verursacht. Diesen Fehler kann man heute weitgehend vergessen, weil die Mechanik sehr gut beherrscht wird und man bei der Herstellung der Teile hohe Präzision erzielt hat.
Höherfrequente Schwingungen, also solche über 1kHz, die das Klangbild rauh machen, entstehen hauptsächlich durch Längsschwingungen des Bandes. Angeregt werden diese z. B. von den Reibstellen, die das Band von der Abwickel- zur Aufwickelspule passiert. Als solche sind zu nennen: alle Bandführungen und die Spiegel der Magnetköpfe.
Zur Dämpfung dieser Längsschwingungen besitzen gute Geräte eine Beruhigungsrolle zwischen Aufnahme- und Wiedergabe-Tonkopf, die als lose Einspannstelle für das Band wirkt und Längsschwingungen unterdrückt. Die Ursache für „Flutter"-Erscheinungen kann aber auch ausschließlich im verwendeten Bandmaterial zu suchen sein. Bänder mit sehr glatter Oberfläche haften nämlich an den Reibstellen und verursachen beim Abreißen Bandlängsschwingungen. Andererseits darf die Bandoberfläche aber auch nicht zu rauh sein, weil sonst, ähnlich wie bei Geigenbogen und Saite, das Band an den verschiedenen Reibstellen ebenfalls zu Schwingungen angeregt wird.
Seltener, jedoch nicht weniger störend sind Längsschwingungen des Bandes, die ihre Ursache in schnell rotierenden Antriebsteilen haben oder auf schlecht funktionierende Bandzugregelungen zurückzuführen sind. So ist z. B. ein Gerät mit schnell laufender, dünner Tonwelle gegen hochfrequente Bandschwingungen anfälliger als ein Gerät mit einer dicken, langsam laufenden Tonwelle.
Direktgetriebene Geräte haben meist eine dünne Tonwelle, weil man den Capstan-Motor nicht beliebig langsam laufen lassen kann, da sonst niederfrequente Störungen, also „wow" auftreten würden.
Aber hier kommt es - wie überall - auf die präzise Abstimmung der Mechanik auf das Gesamtkonzept an. Da die beschriebene Art des „Flutter" nur während vorhandener Modulation hörbar wird, wird es auch mit dem Sammelbegriff „Modulationsrauschen" bezeichnet.
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Schöler: Die technischen Daten in Prospekten ??
Wie soll man einem „Laien" technische Daten in Prospekten interpretieren?
Müller:
Man muß immer beachten, nach welchen Meßvorschriften die Daten ermittelt sind und ob auch Angaben bezüglich der Toleranzabweichungen gemacht werden. Wenn auf dem Prospekt vermerkt ist, daß die Daten nach DIN ermittelt wurden, sind die Zahlenwerte untereinander vergleichbar. Fehlt eine solche Angabe, ist ein Vergleich unmöglich, denn je nach Meßmethode kann man mit den Daten den Konsumenten in irgendeiner Richtung manipulieren.
In Zukunft wird das Problem entfallen, weil man an einer international verbindlichen Norm arbeitet, die übrigens weitgehend der DIN-Norm entspricht. Aufgrund dieser IEC-Norm (International Electrotechnic Commission), die in den nächsten zwei bis drei Jahren vorliegen wird, kann man alle Geräte aus Amerika, Japan und Europa den Daten nach untereinander vergleichen.
Schöler: Der Frequenzgang nach DIN 45 500 ??
Was bedeutet, nun einmal konkret gesprochen, die Prospektangabe: Frequenzgang nach DIN 45 500 beträgt 20Hz bis 25kHz?
Müller:
Das heißt, der Hersteller garantiert, daß der Frequenzgang auch jenseits der von der HiFi-Norm festgelegten Mindest-Bandbreite (40 Hz bis 12,5 kHz) im Bereich von 20Hz bis 40Hz und von 12,5kHz bis 25kHz keine größeren Abweichungen als 7 dB an den Bereichsenden aufweist.
Hörbar werden Welligkeiten der Übertragungskurve ab ca. 3dB im mittleren Bereich. Ab 16kHz sind selbst größere Abweichungen für da meisten Ohren nicht mehr hörbar, ab 20kHz für niemand. Die Erweiterung des Frequenzbereichs über 20kHz hinaus ergibt sich manchmal automatisch, wenn man versucht, auch bei der Geschwindigkeit von 4,75cm/sec noch den DIN-Anforderungen gerecht zu werden. Dann muß man einen sehr schmalen Wiedergabe- Kopfspalt verwenden, woraus sich bei 19cm/sec ein sehr breiter Frequenzbereich ergibt. Über die Nützlichkeit dieses großen Frequenzbereiches kann man natürlich streiten. Profi-Maschinen haben keinen so großen Frequenzumfang im Hochtonbereich, weil dort zugunsten eines besseren Geräuschspannungsabstandes Köpfe mit breiterem Wiedergabespalt verwendet werden.
Schöler: Die Werte für Tonhöhenschwankungen ??
Wo liegen heute die erzielbaren Werte für Tonhöhenschwankungen bei Tonbandgeräten?
Müller:
Bei 9,5cm/sec etwa bei ±0,1% nach DIN bewertet, bei 19cm/sec ungefähr bei ±0,05%. Zum Hörtest geeignet ist in diesem Fall Klaviermusik. Unterhalb von ±0,08% Gleichlaufschwankungen wird auch das geschulte Ohr keinerlei „Jaulen" bei einem Klavierton mehr wahrnehmen.
Schöler: Frage zur Bandgeschwindigkeit ??
Was bedeutet „maximale Abweichung von der mittleren Bandgeschwindigkeit?
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Müller:
Bei Spulentonbandgeräten wächst der Kraftbedarf zum Transport des Bandes infolge des sich ändernden Wickeldurchmessers von einer vollen zu einer leeren Spule im Verhältnis 1:3, wenn z. B. die Abwickelspule mit konstantem Moment gebremst wird.
Diese Kraftänderung bedingt einen veränderlichen Schlupf an der Tonwelle, die im wesentlichen bei herkömmlichem Capstan-Antrieb das Band transportiert. Bei Geräten mit gewichtsabhängigen Kupplungen läßt sich die Bandzugänderung auf ein Verhältnis von etwa 1:2 reduzieren. Erst bei Geräten mit einer echten Bandzugregelung läßt sich der Schlupf an der Tonwelle praktisch über die gesamte Bandlänge konstant halten.
Veränderlicher Schlupf tritt aber auch bei anderen Übertragungsgliedern auf, wie Reibräder oder Riemen. Verantwortlich hierfür ist der unterschiedliche Kraftbedarf, der von den jeweiligen Wickeldurchmessern abhängt.
Zum Beispiel wird für die Aufwickelspule das größte Drehmoment verlangt, wenn die Spule voll ist. Auch ist bei manchen Antriebsmotoren ihre Drehzahl lastabhängig (Spaltpolmotore).
Aus all diesen Gründen ist es praktisch nicht möglich, das Band von Anfang bis Ende mit absolut gleicher Geschwindigkeit zu transportieren. Selbst Studiomaschinen weisen zwischen Bandanfang und Bandende einen kleinen Geschwindigkeitsunterschied auf. Er muß aber so klein sein, daß man bei Montagen diverser Stücke des Bandes keine Sprünge in der Tonhöhe wahrnimmt.
Die Abweichung der Bandgeschwindigkeit von der Sollgeschwindigkeit darf bei Heimtonbandgeräten nach DIN 45 500 vom größten zum kleinsten Wickel nicht mehr als 1,5% betragen; bei Studiomaschinen sind maximal 0,15% zulässig. Das Problem des Schlupfes ist jedoch für denjenigen bedeutungslos, der sein Band immer auf demselben Gerät abspielt. Nur wenn man von einem Dritten aufgenommene Bänder auf seinem eigenen Tonbandgerät abspielt oder Bandmontagen vornimmt, kann sich dieses Problem stellen.
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Schöler: Die Werte des Geräuschspannungsabstands ??
Was bedeuten die Werte für den Geräuschspannungsabstand im praktischen Betrieb für den Tonbandler?
Müller:
Geräusch ist zunächst das, was man hört, wenn man ein nicht bespieltes Band über eine Anlage wiedergibt. Dieses Grundrauschen ist einmal durch Oberflächeneffekte des Bandes bedingt und zum anderen durch die endliche Größe der magnetischen Teilchen. Je feiner und dichter diese Teilchen sind, um so geringer das Grundrauschen. Im übrigen kann man nicht Aufzeichnungen mit beliebiger Lautstärke vornehmen, weil es für die Magnetteilchen eine Sättigung gibt.
Der für die Aufzeichnung nutzbare Bereich liegt zwischen dem Grundrauschen und der Sättigungsgrenze, die durch hohen Klirrfaktor gekennzeichnet ist. Für die Ermittlung des Geräuschspannungsabstandes wird ein tiefer Sinuston (300Hz bzw. 1000Hz) mit einem solchen Pegel aufgezeichnet, der einen Klirrfaktor der Aufzeichnung von 3% ergibt. Die Pegeldifferenz zwischen diesem Nutz- und Störpegel, mittels Geräuschspannungskurve A bewertet und als Effektivwert gemessen, ist der Geräuschspannungsabstand nach DIN.
Für HiFi-Geräte muß er mindestens 56dB betragen, gute Geräte erreichen bei 19cm/sec Werte von besser als 65dB. Bei höheren Bandgeschwindigkeiten wächst der Geräuschspannungsabstand, ebenso mit größer werdender Spurbreite.
Halbspurgeräte haben gegenüber Vierspurgeräten bei gleicher Bandgeschwindigkeit einen um rund 3dB besseren Geräuschspannungsabstand. Als Konsument sollte man eher den Geräusch- als den Fremdspannungsabstand beachten, weil ersterer mehr über die Lästigkeit von Störspannungen aussagt.
Schöler: Was heißt „Löschdämpfung" ??
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Müller:
Wenn man eine vorhandene Aufzeichnung unhörbar machen will, setzt man das Band einem hochfrequenten Magnetfeld aus. Die alte Aufzeichnung verschwindet aber nicht vollständig, sondern es bleibt ein kleiner Rest übrig. Dieser rührt daher, daß die ursprüngliche Aufzeichnung während des Vorbeilaufes am Löschkopf dessen Magnetfeld moduliert und eine schwache Wiederaufzeichnung hervorruft.
Hundertprozentiges Löschen ist also nicht möglich. Der Abstand zu einer Aufnahme mit Vollaussteuerung ist allerdings sehr groß, er beträgt je nach Löschkopfkonstruktion 60 bis 80dB, das bedeutet ein Verhältnis der neuen, ausgesteuerten Aufnahme zur gelöschten Aufzeichnung von 1:1000 bis 1:10000. Dieser Abstand bzw. dieses Verhältnis nennt man Löschdämpfung. Durch die Hintereinanderschaltung zweier Löschspalte (Doppelspaltlöschkopf) erhält man eine höhere Löschdämpfung als mit einem Einspaltlösch-Kopf.
Die Löschfrequenz ist für die Löschdämpfung ohne Bedeutung. Bei der Wahl der Löschfrequenz achtet man als Hersteller u. a. darauf, daß sie weit genug von der Stereo-Pilotton- bzw. Hilfsträgerfrequenz entfernt ist, damit bei der
Aufnahme von Rundfunksendungen keine Differenztöne gebildet und mitaufgezeichnet werden.
Schöler: Frage zu den Rauschunterdrückungsverfahren ??
Bei Cassetten-Recordern werden Rauschunterdrückungsverfahren wie das Dolby-B verwendet. Wie sinnvoll sind sie bei Spulentonbandgeräten ?
Müller:
Der Spielraum zwischen Übersteuerungsgrenze und Grundrauschen auf einem Tonband ist für eine naturgetreue Aufzeichnung zu gering; wenn man berücksichtigt, daß natürliche Schallereignisse einen Lautstärkepegel von mehr als 100dB haben können (das entspricht einem Dynamikumfang von rund 80dB), auf einem Band aber bestenfalls 60dB Dynamikumfang unterzubringen sind, ist verständlich, daß man hier etwas tun sollte, um naturgetreuer aufzeichnen und wiedergeben zu können.
Dazu wurden mehrere Rauschunterdrückungsverfahren entwickelt. Das am weitesten verbreitete ist das Dolby-Verfahren, Dolby-A für Studio- und Dolby-B für Heimtechnik.
Mit Dolby-B hebt man schwächere Signale im Hochtonbereich bei der Aufnahme an und senkt sie bei der Wiedergabe entsprechend ab. Das Band wird bei hohen Frequenzen stärker ausgesteuert, wodurch ein besserer Abstand zwischen Nutzmodulation und Rauschen erzielt wird. Bei Cassettengeräten ist die Anwendung einer solchen Einrichtung sicherlich sinnvoll, denn die Mindestforderung laut DIN 45 500 von 56dB Geräuschspannungsabstand, den die Recorder erreichen, entspricht nicht dem, was man sich wünscht. Bei Spulengeräten, die Werte von besser als 65dB oder 70dB erzielen, bringt das Dolby-B-Verfahren nur geringe Vorteile für den Rauschabstand.
Schöler: Tipptasten oder Schalter ??
Haben Tipptasten gegenüber anderen Schaltern, z. B. Kippschaltern, Vorteile?
Müller:
Von einem modernen Tonbandgerät erwartet man, daß es leicht bedient werden kann. Geeignete Bedienungselemente sind Kurzhubtasten.
Sensortasten (Anmerkung : zumBeispiel bei der Grundig TS 1000 Maschine) haben sich bei Bandgeräten nicht durchsetzen können, weil sie durch äußere Störsignale ausgelöst werden können, mithin unter Umständen die Bandaufnahme unfreiwillig unterbrochen wird. Zusätzlich besteht die große Gefahr einer Fehlbedienung, da keinerlei Sicherung zu überwinden ist.
Darum ist man meist bei Kurzhubtasten mit mechanischer oder elektronischer Rastung geblieben. Gegen Relais ist so lange nichts einzuwenden, wie sie keine störenden Geräusche erzeugen. Fernsteuerung ist im übrigen nur bedingt sinnvoll, bei der Aufnahme wird man doch immer die Aussteuerungsanzeigen im Auge behalten wollen.
Schöler: Qualitätsanspruch und Bandgeschwindigkeit ??
Welche Bandgeschwindigkeiten sind - bei welchem Qualitätsanspruch - für den Tonband-Amateur sinnvoll?
Müller:
Eine möglichst hohe Bandgeschwindigkeit, damit Frequenzumfang und Dynamik entsprechend gut sind. Ich möchte zur Erläuterung einige praktische Beispiele anführen.
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- Die Höhen-Aussteuerbarkeit beträgt bei 10kHz und 19cm/sec rund -2dB bis -3dB, man zeichnet bei 10kHz also fast noch den gleichen Pegel auf wie bei einer Frequenz von 300Hz.
- Bei der Bandgeschwindigkeit von 9,5cm/sec beträgt die Aussteuerbarkeit der Höhen nur noch -10dB bis -12dB, das entspricht der CC-Kassette bei 4,75cm/sec. Deshalb eignet sich 9,5cm/sec weniger für Aufzeichnungen von Musikmaterial mit vielen Höhen, es sei denn, man steuert das Band nicht voll aus und verzichtet damit gleichzeitig auf den möglichen Geräuschspannungsabstand.
- Bei 38cm/sec Geschwindigkeit hat man mit etwaigen „Aussetzern" des Bandes keinerlei Probleme mehr und erreicht eine merkbar bessere Dynamik über den gesamten Frequenzbereich. Aufzeichnungen bei 38cm/sec lassen sich auch besser schneiden.
- Der Viertelspur-Betrieb hat zwei Nachteile, nämlich die etwas geringere Spurbreite der Aufzeichnung, die die Gefahr des Auftretens von Aussetzern (dropouts) erhöht, und der um 3dB geringere Geräuschspannungsabstand gegenüber Halbspur. Wer mit Bandmontagen arbeiten will, kann Viertelspurgeräte sowieso nicht brauchen. Aber ich muß sagen, daß Aufnahmen in Viertelspur-Technik bei einer Geschwindigkeit von 19cm/sec bereits sehr gut sind.
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Schöler: Cinch- und DIN-Anschlüsse ??
Sind Cinch- und DIN-Anschlußvorrichtungen bei Überspielen oder Wiedergabe problemlos kombinierbar?
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Müller:
Hier ist im Einzelfall immer zu prüfen, ob die Anschlüsse in Impedanz und Pegel zueinander passen.
An der DIN-Ausgangsbuchse eines Tonbandgerätes muß der Pegel mindestens 500 Millivolt und darf max. 2 Volt betragen. Die Impedanz beträgt max. 47kOhm.
Bei Cinch-Ausgängen sind Pegel und Impedanz undefiniert. Der Pegel kann weniger als 500 Millivolt und mehr als 2 Volt betragen, und letzteres ist für die meisten DIN-Eingänge zu viel, die wären dann übersteuert. In diesem Fall könnte man z. B. durch Einbau eines Spannungsteilers vor dem Cinch-Ausgang eine korrekte Anpassung ermöglichen.
Bei der Aufnahme über Empfangsgeräte oder über Verstärker stellt sich ein ähnliches Problem. Haben diese Geräte Cinch-Anschlüsse, so liegt an ihnen meist ein so hoher Pegel, daß ein nur mit einem DIN-Radioeingang ausgerüstetes Bandgerät hoffnungslos übersteuert wird.
Treten bei der Verbindung von Geräten mit verschiedenartigen Anschlüssen Probleme auf, so sollte ein Fachhändler oder der betreffende Hersteller um Abhilfe gebeten werden.
Schöler: Hinterbandkontrolle bei Cassetten-Recordern ??
Hinterbandkontrolle wird heute auch bei guten Cassetten-Recordern üblich. Was sind die Vorteile?
Müller:
Das sind gleich mehrere. Man kann sofort die Aufzeichnung akustisch überprüfen, wenn man Wiedergabe- und Aufnahmepegel einander angleicht und damit ideale Vergleichsmöglichkeiten schafft. Diese Kontrolle erfaßt alle möglichen Fehler einschließlich zu hoher oder zu niedriger Aussteuerung. Die Hinterbandkontrolle ermöglicht zusätzlich eine Überprüfung des Bandmaterials auf seine Tauglichkeit für das betreffende Gerät. Zwischenstationsrauschen des UKW-Bereichs eines Rundfunkempfangsteils eignet sich dafür sehr gut.
Wenn sich bei Vorband/Hinterband-Vergleich im Klangbild des Rauschens kein Unterschied zeigt, ist das Band im allgemeinen für das Gerät geeignet. Diesen Test sollte man allerdings bei einer Aussteuerung von -20dB durchführen, da sonst bei hohen Frequenzen das Band gesättigt würde und der Frequenzgangabfall hörbar wäre.
Schöler: Tonköpfe reinigen und entmagnetisieren ??
Daß man die Tonköpfe und die das Band führenden Teile des öfteren reinigen sollte, hat sich herumgesprochen, weniger aber, daß man die Köpfe auch hin und wieder entmagnetisieren sollte. Haben Sie da eine praktische Empfehlung?
Müller:
Tonköpfe können sich im Lauf der Zeit aufmagnetisieren. Speziell gefährdet sind Kombiköpfe. Das äußert sich durch verstärktes Rauschen sowohl bei neuen, als auch bei alten Aufzeichnungen. Wenn man so etwas bemerkt, sollte man die Köpfe schleunigst entmagnetisieren, es gibt für diesen Zweck eine ganze Reihe von Entmagnetisierungsdrosseln. Bei guten Geräten tritt eine Magnetisierung durch das Gerät selbst praktisch nicht auf, aber durch äußere magnetische Felder (Lautsprecher, hantieren mit magnetischem Werkzeug am Gerät usw.) kann der Kopf magnetisiert werden.
Bei mehrfachem Abspielen eines Bandes, wie es ja meist der Fall ist, kann auch ein Höhenabfall eintreten, wenn Teile des Geräts magnetisch sind. Höhenabfall kann jedoch auch auftreten, wenn das Band über scharfe Kanten gezogen wird, beispielsweise wenn das Gerät Umschlingungsbolzen mit sehr kleinem Radius hat. Bei gut konstruierten Geräten sind die Umlenk-Durchmesser so groß, daß durch mechanische Beanspruchung des Bandes kein Höhenabfall eintritt.
Schöler: VU-Meter oder Spitzenspannungsmesser ??
Was ist vorzuziehen: VU-Meter oder Spitzenspannungsmesser?
Müller:
Das ist eine sehr heikle Frage. In der europäischen Tonstudio-Technik wird generell mit Spitzenspannungsanzeige gearbeitet, weil man Rücksicht nimmt auf die Übersteuerungsgrenze der Anlagen. Übersteuerung würde höheren Klirrfaktor zur Folge haben. Peak-Meter zeigen den maximalen Pegel an, das VU-Meter einen Quasi-Effektivwert.
Da aber Musik nicht aus Sinustönen besteht, sondern ein Gemisch von impulsartigen Signalen ist, ist der Effektivwert wesentlich niedriger als der Spitzenwert, stark programmabhängig und damit kein Kriterium zum sicheren Überwachen der Aussteuerungsgrenze.
Bei VU-Metem muß man einen gewissen Abstand zur Vollaussteuerung wahren, bei hochtonreichem Material etwa 6 bis 8dB, bei Material mit wenig Höhen ca. 4dB. Weil VU-Meter-Anzeige in der Praxis größere Probleme für die optimale Aussteuerung mit sich bringt, wird sie bei Geräten mit solcher Anzeige meist ausführlich in der Bedienungsanleitung beschrieben. Das VU-Meter ist andererseits ein recht gutes Maß für die tatsächliche Lautstärke, nicht so das Peak-Meter.
Schöler: Der rote Bereich der Anzeigeinstrumente ??
Was ist davon zu halten, wenn behauptet wird, man könne auch ruhigen Gewissens mit +3dB in den roten Bereich des Anzeigeinstruments aussteuern?
Müller:
Nach DIN sollte die Anzeige so sein, daß bei einem 0dB Pegel der kubische Klirrfaktor den Wert von 3% erreicht und damit die Aufnahme optimal ausgesteuert ist.
Manche Hersteller halten sich nicht daran und stellen die Anzeige so ein, daß bei 0dB ein kleinerer Klirrfaktor erreicht ist, aber nicht Vollaussteuerung, die definiert ist durch K3 = 3%, so daß man um ca. 3dB übersteuern darf. In diesem Falle ist es also nur eine Frage der Eichung des Anzeigeinstruments.
Es gibt aber heute auch Bänder, die bei gleichem Bandfluß, d. h. gleicher Aussteuerung, einen niedrigeren Klirrfaktor haben als das DIN-Bezugsband, sogenannte „low noise-high output"-Bänder. Die können höher ausgesteuert werden, vielleicht um 2, maximal um 3dB. Normalerweise aber steigt der Klirrfaktor steil an, wenn man über die 0dB der Anzeige hinausgeht. Darum ist auch die Hinterbandkontrolle so praktisch, denn man hört sofort den höheren Klirr bei der Aufzeichnung.
Schöler:
Wie sollten Tonbandgeräte im HiFi-Studio des Händlers vorgeführt werden, um Qualitätsunterschiede zwischen einzelnen Geräten deutlich zu machen?
Müller:
Man sollte ein hochtonreiches Musikstück aufnehmen, nicht allzu hoch aussteuern, damit das Band bei der Aufnahme in den Höhen nicht übersteuert ist, und einen Vergleich
- a) zur Wiedergabe via Platte und
- b) zwischen den in Frage stehenden Tonbandgeräten machen.
Identischer Pegel und synchrones Abspielen sind Vorbedingung. Achten soll er dabei auf Frequenzgang, Modulations- und Gesamtrauschen der Aufnahme. Selbstverständlich müssen Aufnahme und Wiedergabe über denselben Verstärker und dasselbe Lautsprecherpaar erfolgen. Plattenspieler, Tonabnehmer, Abhör-Entfernung von den Boxen usw. müssen ebenfalls gleich sein.
aufgezeichnet von Franz Schöler
Das Interview wurde vermutich im Frühjahr 1977 durchgeführt.
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- Anmerkung : Natürlich kommt uns alten Tonband "Hasen" manche Frage arg unbedarft oder gar primitiv vor, doch heute in 2017 lerne ich immer mehr junge Leute kennen, die nicht wissen, was eine Revox ist und wer ein Herr Willi Studer mal war und was diese aufgerollten braunen Plastik-Streifen da sollen. Auch in 1977 gab es bereits jüngere Leser, die das alles noch nicht wußten.
- Jedenfalls hatte der Herr Rudolf Müller fachlich alles drauf, das ein Konstrukteur wissen sollte und auch mußte. Um so enttäuschender war für mich jetzt die Gewißheit, daß UHER auch an dem letzen Versuch, nochmal eine Rolle im Bandgerätemarkt zu spielen, gescheitert war. Mein erstes UHER 124 und dann auch das spätere UHER 210 Kassettengerät waren leider unbrauchbar und sie jaulten nach wenigen Monaten. Die Erfahrungen der Rundfunkanstalten mit den UHER Kassettengeräten waren ebenso schlimm und damit war UHER aus dem Rennen.
- Dann dauerte es nur noch wenige Jahre, bis alles den Bach runter ging.
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