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Diese Story basiert auf einer "Betrachtung" ... so um 1958 ...
... jedoch einer sehr kritischen Würdigung. Somit können wir die damaligen Denkweisen und Daten mit den heutigen Erkenntnissen gegenüberstellen und kommentieren.
1953 - Grundig "hintergeht?" seine Entwickler ?
Eher ein bißchen Neid war da im Spiel. Der "kleine" Kurt Bier soll sich von seinen ersten Honoraren einen damals utopisch teuren Mercedes 220 Cabriolet (angeblich in blau) gekauft haben und war damit angeblich in Nürnberg oder Fürth vorgefahren. Das soll dem "Freund" Max (oder dessen Frau) plötzlich fürchterlich "gestunken" haben, "alles von meinem Göld", soll er immer gesagt haben. Er mußte angeblich auf die 220er Limusine in weißnoch warten, "der Bier" dagegen hatte sein Cabriolet schon.
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Das war dann das Ende der Freundschaft. Man vermutet, dem Max hatte es "nicht gefallen", daß er Tag und Nacht gearbeitet hatte und "der Bier" sich angeblich auf seinen (also Grundigs) Lorbeeren ausruhen konnte.
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Nachdem die Anwälte beider Parteien ein Jahr lang bissige Schriftsätze gewechselt hatten, ließ sich Grundig im Sommer 1953 zu (Anmerkung: hier eine Korrektur:) dem ersten Vergleichsangebot herab, das Bier akzeptierte: Für die alten Bierschen Gerätetypen sollte der Erfinder weiterhin ein Prozent vom Fabrikpreis erhalten, für das geänderte Grundig-Modell hingegen 0,8 Prozent der Verkaufssumme. Auch die Gerichtskosten wurden von Grundig beglichen. Grundig kommentiert den damaligen Vergleich: „Wir wollten Bier los sein".
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Kurt Bier ist der Vater der Grundig Tonbandgeräte.
Der Tonbandgeräte-Konstrukteur Kurt Bier konnte sich nur kurze Zeit seines Triumphes freuen, denn wenige Monate nach dem Vergleich brachte Grundig ein wiederum mit einigen Ergänzungen bereichertes Gerät unter der Bezeichnung TK9 heraus. Gleichzeitig stellte er jegliche Lizenzzahlung ein. Um das TK9 begann dann im Herbst 1953 ein zweiter langer Rechtsstreit.
Das Jahr 1954 verging damit, daß die Parteien dem zuständigen Landgericht immer längere Schriftsätze zuleiteten. Diesem Aktenschub folgten in den nächsten beiden Jahren Gutachten von beträchtlichem Umfang. Es gelang dem Gericht jedoch nicht, sich ein klares Bild darüber zu verschaffen, inwieweit das strittige Grundig-Gerät TK 9 auf der Erfindung des Ingenieurs Bier beruht und ob trotz der Weiterentwicklung noch Lizenzgebühren zu zahlen seien.
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Und da gab es auch noch den Herrn Gropp mit seiner Stenorette.
Jetzt kam raus, daß die Firma Grundig auch einen zweiten wichtigen Mann zu hintergehen versuchte.
Inzwischen verbündete sich Kurt Bier mit dem Erfinder Jakob Gropp aus München, der gleichfalls glaubte, durch die Grundig-Werke (also eigentlich durch Max Grundig) übervorteilt worden zu sein. Bier erklärte sich mit Gropp solidarisch und übergab den Parallelfall seinen in Sachen Grundig bereits versierten Anwälten.
Gropp hatte der Firma Grundig ebenfalls eine Erfindung angeboten: ein kleines Magnetbandgerät ganz speziell als Diktiergerät für das Büro mit dem Namen "Stenorette". Er wollte das Gerät für eine Festsumme von 20.000 Mark und eine Lizenzbeteiligung für den Nachbau freigeben. „Wir können die Katze nicht im Sack kaufen", so wurde ihm bei Grundig bedeutet; man müsse das Gerät erst im Werk erproben. Nach einiger Zeit erhielt Gropp seine Erfindung mit dem Bescheid zurück, daß man für die "Stenorette" keine Verwendung habe.
Ob Bill Gates diese Biographie gelesen hatte ?
Auf der Hannoverschen Frühjahrsmesse des Jahres 1954 kam Grundig mit einem Diktiergerät heraus, von dem Gropp behauptet, daß es seiner "Stenorette" zum Verwechseln ähnlich sehe. Irgendwie riecht das ganze nach dem deutschen Kampf um den japanischen Sony Walkman.
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Und dann viel viel später hatte sich auch Microsoft mal das Kompressiones-Programm Stacker von STAC illegal unter den Nagel gerissen und als Double Space verkauft.
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Grundig bestritt zunächst, daß Gropps "Stenorette" für diese Konstruktion Modell gestanden habe. Das in Hannover gezeigte Gerät sei eine firmeneigene Konstruktion (wurde da standhaft gelogen). Aus diesem Grunde lehnte Grundig es ab, dem Erfinder Gropp das von ihm geforderte Honorar für die Entwicklung des Gerätes zu zahlen.
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Der Nachgeschmackt ist bitter und die Glorie ist ab.
Überraschend lenkte die Firma Grundig jedoch ein, als ihr die von Biers Anwälten verfaßte Klageschrift („sittenwidriger Nachbau") zugestellt wurde. Der Grundig-Patentanwalt Dr. Eitel bot dem Erfinder Gropp eine Abfindung in Höhe von 50.000 Mark an. Aber Gropp (beraten von Bier) schätzte seine Mitwirkung an der Geburt eines neuen Grundig Verkaufsschlagers weit höher ein und erreichte schließlich durch seine Beharrlichkeit, daß Grundig 125.000 Mark als Abfindung herausrückte. (Anmerkung: Laut der Frau von Kurt Bier waren es sogar 400.000.- Mark.)
Das Hauptverfahren Bier ./. Grundig kam unterdessen nur sehr langsam vorwärts, weil immer wieder neue Gutachter bemüht wurden. Es ging vermutlich inzwischen auch um viel mehr Geld als bei Gropp. (Anmerkung: Diesmal war lag der Streitwert bei 1,7 Millionen Mark - das war damals aber geheim.)
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Damals wurde Stillschweigen vereinbart, doch heute . . .
Es muß um sehr viel Geld gegangen sein, wie Max Grundig "den Bier" loswerden wollte um fast jeden Preis. Wie das alles ausgegangen war, das ist ein anderes Kapitel für sich. (Anmerkung: Aufgrund eines Formfehlers der Bierschen Anwälte endete der Prozess mit einem Vergleich zu leichten Ungunsten Kurt Biers.)
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Inzwischen zog Grundig die größte Tonbandgeräte-Produktion der Welt auf. Er setzte bisher (also zum Ende 1957) bereits 691.163 Tonbandgeräte zum Verkaufspreis von rund 183 Millionen Mark um und will in diesem Jahr (1958) den Ausstoß seiner neuen Tonbandgeräte- Fabrik auf täglich 1.000 Stück (zur Zeit 500) steigern, da er sonst die starke Nachfrage nach diesen Geräten nicht befriedigen kann.
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(Zur Information : Bei Grundig kalkulierte man mit 200 Arbeitstagen im Jahr je 1000 Tonbandgeräte macht zusammen 200.000 pro Jahr).
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Und dennoch wurde Grundig zu einem der Größten Europs.
Tonbandgeräte und besonders Grundigs Diktiergerät Stenorette gehören (Stand 1958) bereits zur modernen Büroausstattung.
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Dieser Zweig seiner Fabrikation ragte bereits in die Büromaschinenbranche hinein, bevor Grundig sich dort (durch den Erwerb sowohl der Triumph- wie auch der Adler-Aktien) eine Plattform schuf, von der er nun mit gewohnter Verve die gesamte Branche aufrollen will.
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Grundig möchte in die internationale Spitzengruppe der Firmen vorstoßen, die etwa 75 Prozent aller Schreibmaschinen der westlichen Welt herstellen. Das sind die vier amerikanischen Büromaschinen- gesellschaften
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- Remington,
- Underwood,
- Royal und
- Smith Corona.
Es folgen mit Abstand in Europa
- die italienische Gesellschaft Olivetti und
- die deutsche Olympia Werke AG in Wilhelmshaven, deren Aktien zu 100 Prozent dem Elektrokonzern AEG gehören.
Die Amerikaner haben sich schon vor längerer Zeit in Deutschland Partner gesucht und Tochter- gesellschaften gegründet; so übernahm zum Beispiel Remington die Torpedo-Werke in Frankfurt und Underwood die Schreibmaschinenfirma Mercedes.
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Der Markt konsolidiert sich.
Diese Spitzengruppe, aber auch die vielen kleinen Schreibmaschinen- hersteller, profitierten in den Nachkriegs Jahren von dem schnellen Wiederaufbau der Wirtschaft und dem dadurch entstandenen Bedarf an erster Büroausstattung. Noch heute (1958) ist die Nachfrage nach Büro- und Koffer- schreibmaschinen so stark, daß der größte europäische Produzent dieser Branche, die Olympia Werke, die täglich 2500 Schreibmaschinen herstellen, Ende vergangenen Jahres 5000 bestellte Maschinen nicht fristgemäß liefern konnte.
Die Teilautomatisierung der Büros ist vorläufig noch ein weites Feld, auf dem sich in Westdeutschland die amerikanische Gesellschaft International Business Machines Corporation (IBM) am weitesten vorgewagt hat. Ihre westdeutsche Tochtergesellschaft in Sindelfingen bei Stuttgart rüstete Banken, Versicherungen und Verwaltungen großer Industriekonzerne mit Elektronengehirnen aus, die ganze Buchhaltungsabteilungen ersetzen.
Freilich entwickelte die IBM auch kleinere Aggregate, wie elektrische Schreibmaschinen und kombinierte Schreib- und Rechenautomaten. Ihre Hauptprodukte sind jedoch komplizierte elektronische Anlagen, so daß für die nachrückende Konkurrenz noch genügend Spielraum für neue Typen moderner Büromaschinen übrig bleibt.
Für die meisten Verwaltungen bedeutet es zur Zeit schon einen Fortschritt, wenn sie sich zeitraffende Geräte, wie elektrische Schreibmaschinen, möglichst kombiniert mit Diktiergeräten, sowie Buchungsautomaten und Fakturiermaschinen, anschaffen.
Sagt Grundigs Konzernorganisator Josef Schäfer: "Die meisten Fabrikate sind heute noch zu teuer. Man muß billiger produzieren, und das kann man nur in großen Serien."
Grundig strebt deshalb danach, einige gängige Büromaschinen-Modelle modernen Typs herauszubringen, zum Beispiel eine handliche elektrische Rechenmaschine, die nicht viel teurer als 300 Mark ist (die billigsten Typen kosten heute etwa 700 bis 800 Mark); daneben Spezialbüromaschinen in den Preisklassen von 5000 bis 15.000 Mark für mittlere und kleinere Betriebe.
In dieser noch stark ausbaufähigen Branche wittert Max Grundig seine nächste Chance. Er will nicht gleich nach den Sternen greifen und Elektronen-Roboter nach IBM-Muster planen, „aber das kann ich schon heute verraten", renommierte er vor einigen Wochen, „ich muß und werde unter den erstrangigen Firmen eine Rolle spielen, mit Kleinigkeiten gebe ich mich nicht ab".
Das war alles 1958. Heute sind wir schlauer als damals und die Grundig AG ist seit 2003 bereits pleite und fast schon Geschichte.
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